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Tiere im und am Rhein

 

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Anita Stockente

Servus

Ich hoffe Sie haben einen guten Grund, weshalb sie mich beim Federnputzen stören. Ach, Sie haben Interesse etwas über mich, meine Kameraden und unseren Lebensraum zu erfahren. Wenn das so ist, kann mein Gefieder auch noch 10 Minuten warten.

Zu Beginn möchte ich mich ganz kurz vorstellen:

Ich bin Anita, die Stockente. Ich bin 10 Jahre alt und lebe am Rhein in der Nähe des Bodensees. Um erst einmal sämtliche Vorurteile abzubauen, möchte ich klarstellen, dass der „Stock“ in meinem Namen nichts mit Apportieren oder sonstigen Stöckchenspielen zu tun hat. Der Name rührt daher, dass wir Stockenten auf Weiden brüten, die „auf den Stock gesetzt“, also zurück geschnitten wurden. Wie bei den meisten Vogelarten herrscht auch bei uns Enten verkehrte Welt. Nicht das „schöne Geschlecht“ trägt das farbenfrohe Gefieder, sondern unsere Männer, die Erpel. Entgegen der landläufigen Meinung sind wir weder träge noch faul. Im Gegenteil, wir sind gute Schwimmer und Flieger. Immer Wasser sind wir zu Hause, genauso wie in der Luft, wo wir mit einer Flügelspannweite von bis zu 95 Zentimeter Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 110 Kilometer pro Stunde erreichen. Wir Stockenten sind sehr anpassungsfähig und kommen fast überall vor, wo es Gewässer gibt. Natürlich auch am Rhein. Wir ernähren uns vor allem von pflanzlichen Stoffen, die wir in den Ufergebieten finden. Doch auch Insekten, Weichtiere oder Larven schmecken ausgezeichnet.

Wie Roberto die Wasserspitzmaus Ihnen vielleicht bereits berichtet hat, fällt es den Tieren, die auf das Wasser angewiesen sind schwer, mit den Eingriffen des Menschen klar zu kommen. Uns Enten trifft es nicht ganz so schwer, weil wir von den Menschen mehr respektiert werden als andere Tiere. Tatsache bleibt: Abfälle gehören nicht in den Rhein oder den Bodensee. Und Ufergebiete, zum Beispiel Schilffelder, wo viele Vögel ihre Nester haben, sollten in Ruhe gelassen werden und vor allem Hunde sollten an der Leine geführt werden!

Vielleicht kann ich Ihnen anhand des Beispiels von meinen Freunden, den Eisvögeln, einen Einblick in die Vogelwelt unseres Lebensraums ermöglichen.

Der Eisvogel

Eisvogel Lebensraum des Eisvogels
Oben: Der globale Lebensraum des Eisvogels
Art: Vögel – Rackenvögel – Eisvögel – Alcedo atthis
Merkmale: Gefieder metallisch blau bis smaragdgrün und orangefarben; Kehle weiss; langer, spitzer Schnabel; grosser Kopf; Körper untersetzt; kurze Flügel
Masse: Körperlänge durchschnittlich 16.5 cm
Gewicht 36 – 46 Gramm
Verbreitung: Eurasien mit Ausnahme des hohen Nordens; Teile Nordafrikas; Inseln von Indonesien bis zu den Salomonen
Lebensraum: Bach- und Flussufer; Seen; Teiche; Küsten
Nahrung: Hauptsächlich Fische; gelegentlich auch Insekten
Sozialstruktur: Bildet in der Regel keine Festen Paare, Männchen reviertreu
Geschlechtsreife: Mit 1 Jahr
Fortpflanzung: In den gemässigten Zonen im Frühjahr
Eier: 3.6 – 4.7 Gramm schwer
Bebrütung: 19 – 20 Tage

Anzahl der Eier pro Gelege:

4 – 9
Lebensdauer: Max. 15 Jahre

Bedrohung und Schutz:

In Europa geschützt; Bestand zurückgehend

 

Besondere Merkmale

Eisvogel Augen Augen

Seine Jagdtechnik macht leistungsfähige Augen zum Muss. Allerdings sind seine Augen nur über dem Wasser leistungsfähig. Unter Wasser legt sich eine schützende Nickhaut über den Augapfel, die nur wenig Licht durchlässt. Der Vogel sieht nicht mehr deutlich und verlässt das Wasser schnell wieder.

Eisvogel Füsse Füsse

Drei Zehen weisen nach vorne, einer nach hinten. Alle tragen am Ende kräftige Krallen. Der Eisvogel gehört zu den wenigen Vögeln, bei denen die vorderen Zehen teilweise miteinander verwachsen sind. Diese Vergrösserung der Fusssole ermöglicht dem Eisvogel ein effizienteres Graben der Bruthöhle. Ausserdem kann sich der Vogel mit seinen kräftigen Krallen ohne Probleme an sehr dünnen Ästen festklammern.

Eisvogel Federn Federn

Die prächtigen Farben des Eisvogels kommen auf zwei unterschiedliche Weisen zustande. Einerseits entstehen rötliche Farben aus organischen Stoffen während dessen die Blau – und Grün Töne auf Physikalische Weise zustande. Die langwelligen Anteile des Lichtes werden von einer dünnen Schicht schwarzer Farbstoffe absorbiert. Winzige Plättchen im Gefieder brechen das Licht so, dass ein Blau oder Grün Ton entsteht.

Die Bruthöhle

Bevor beim Eisvogel die Hochzeitsglocken läuten steht noch die Anstrengende Arbeit auf der Baustelle an. Im Frühjahr wirbt das Männchen in seinem Revier um ein Weibchen. Das Verhalten ist in dieser Phase zwar nicht sehr romantisch, dafür umso effektiver. Die Tiere verfolgen sich in der Luft und jagen einender nach. Die Vögel bauen so Aggressionen bei ihrem Partner ab. Phase zwei ist die so genannte „Imponierhaltung“. Die beiden Vögel lassen sich auf einem Ansitz nieder, recken sich in die Höhe, so dass der Rücken nahezu senkrecht ist und erhöhen den Schnabel leicht gegen den Himmel. Nun liegt es am Weibchen, ob das Paar zusammenfindet oder nicht. Sobald das Weibchen dem Männchen zu verstehen gibt, dass es ihn akzeptiert, beginnt das Männchen mit den Bauarbeiten.

Die Eisvögel brüten nicht in einem Nest. Sie bauen eine Brüthöhle in einer steilen Erdwand entlang des Flusses. Dazu Pickt das Männchen mehrere Probestellen leicht an, um das Material und den Standort zu testen. Ist der richtige Platz (rund 50 – 180 Zentimeter über der Wasseroberfläche, in lehmige, sandige oder tonige Steilwand am Wasser), gefunden, hilft auch das Weibchen tatkräftig mit. Nach etwa einer Woche sind der 50 – 90 cm Lange Gang und der daran anschliessende Brutraum (10 auf 10 cm) fertig und das Weibchen beginnt mit der Eiablage.

Die Jagd

Eisvogel Wie dem Steckbrief zu entnehmen ist, bestehen die Mahlzeiten des Eisvogels hauptsächlich aus Fisch. Es sind dies vor allem Groppen, Steinbeisser, Elritzen, Äschen, Forellen, Hechte oder Flussbarsche. Es versteht sich von selbst, dass es sich bei diesen Fischen um Jungtiere von einer Länge von etwa 3 – 5 cm handelt.

Der Eisvogel hat zwei unterschiedliche Jagdmethoden:

1. Die Ansitz-Methode

Bei der „Ansitz-Methode“ sitz der Vogel auf seinem Ansitz und versucht von dort aus seine Beute im Wasser zu erspähen. Ein geeigneter Ansitz zeichnet sich durch seine Lage (1 – 3 Meter über der Wasseroberfläche) aus. Es kann dies ein Ast, ein Schilfhalm oder ein Pfahl sein. Sobald der Vogel seine Beute gesichtet hat, stösst er im Sturzflug mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit auf seine Beute hinunter. Er kann dabei bis zu einem Meter tief ins Wasser eintauchen. Sobald er den Fisch zwischen dem Schnabel hat stösst sich der Vogel an die Oberfläche zurück und fliegt zu seinem Ansitz. Dort schlägt er den Fisch mehrmals gegen den Untergrund und verschlingt ihn Kopf voran.

2. Die Rüttelflug-Methode

Diese Methode verzichtet auf einen Ansitz. Der Eisvogel fliegt im „Rüttelflug“ über dem Wasser und versucht Beute ausfindig zu machen. Sobald dies der Fall ist, stösst er ins Wasser um den Fisch zu jagen.

Die Ansitz Methode hat einen grossen Vorteil. Sie verbraucht weniger der wertvollen Energie, was vor allem bei schlechten Witterungsbedingungen von grossem Vorteil ist.

Der Nachwuchs

Eisvogel Nachwuchs Ein Eisvogelpaar zieht gewöhnlich zweimal jährlich Junge auf. Das Eisvogel Weibchen legt die 4 – 9 Eier direkt auf den Boden des Brutraumes. Nun folgen rund 20 Tage des Brütens, bei dem sich die Eltern alle 2 – 5 Stunden ablösen.

Die jungen Eisvögel sind typische Nesthocker. Sie schlüpfen nackt und völlig hilflos. Der eigentliche Stress für die Eltern beginnt erst jetzt. Jedes der Jungtiere frisst 12 – 18 Fische täglich, die alle gejagt werden müssen. Dabei wird die Fischverteilung entgegen vielen anderen Vogelarten sehr fair und diszipliniert vorgenommen.

Eisvogel Nachwuchs
Eisvogel Nachwuchs Immer das Jungtier, welches am längsten keinen Fisch mehr bekommen hat, sitzt am Eingang der Höhle. Sobald es einen Happen bekommen hat, rutschen alle Vögelchen einen Platz weiter.

Nach 3 – 4 Wochen Aufenthalt im Brutraum wagen sich die Jungen Vögel nach draussen. In der nächsten Woche werden sie auf einem selbst gewählten Ansitz noch von den Eltern gefüttert. Nach 2 Wochen ist dieser Service endgültig vorbei. Die Eltern vertreiben die Jungtiere aus ihrem Revier, weil sie meist schon ein neues Gelege haben. Die jungen Vögel sind nun auf sich alleine gestellt. Viele erfrieren oder verhungern. Trotzdem überleben genügend, um den Fortbestand der Eisvögel zu sichern.

Ein vertrauter und trotzdem seltener Zeitgenosse

Anita Stockente

Ich habe Ihnen nun alles was ich über den Eisvogel erzählt. Falls Sie mehr wissen wollen Fragen Sie einen andern, schlagen Sie in einem Buch nach oder konsultieren Sie das Internet.

Abschliessend möchte ich noch kurz etwas über den Lebensraum des Eisvogels erzählen.

Für viele Menschen hier in der Schweiz ist es ein schönes Erlebnis, wenn sie auf einem Spaziergang zum Beispiel dem Rhein entlang, einen Eisvogel über dem Wasser sehen. Doch leider sind es nicht alle. Sportfischer und Angler sahen im Eisvogel einen Feind, einen Konkurrenten, der ihnen den Fisch stahl. Manche von ihnen haben dieses Gefühl leider auch heute noch. Sie zerstören die Brutplätze der Eisvögel oder stellen ihnen grausame Fallen. Doch nicht nur diese extreme Gruppe von Menschen stellt eine akute Gefahr für meine Freunde dar. Auch Flussbegradigungen, mit betonierten Ufern, überdüngte Flüsse oder Störungen durch Wassersportler erschweren das Leben der Vögel. Sie finden keine Brutplätze mehr, sehen aufgrund der vielen Algen im überdüngten Wasser die Fische nicht mehr und können ihre Jungen nicht ungestört pflegen. Zum Glück stehen meine Freunde auf der Liste der geschützten Tierarten. Ich möchte nicht wissen, wie es um sie stünde, ohne diese Massnahme.

Gewässer wie der Rhein verschaffen vielen anderen Vögeln, nicht nur uns Stockenten oder den Eisvögeln, ein zu Hause. Ich hoffe meine Informationen tragen einen Teil dazu bei, dass Sie auch in Zukunft bei einem Spaziergang dem Rhein entlang plötzlich einen rötlich – blauen Schimmer über dem Wasser sehen können.

Bis Bald

 

Eure Anita